Strenge Freude

Ziel der zisterziensischen Reform des Mönchtums seiner Zeit war die radikale Rückkehr zu den benediktinischen Ursprüngen. Die strenge Einhaltung der Regel des Benedikt von Nursia (um 480 bis 547) wurde zur Triebfeder der Reform und zur apologetischen Abkehr von Gewohnheiten, wie sie vor allem das cluniazensische Mönchtum auszeichnete. Die Rückbesinnung auf die Regel Benedikts versahen die Zisterzienser mit akribischer Genauigkeit und nicht selten mit großer Strenge, wie sie ähnlich auch bei den zeitgleich entstandenen Reformorden der Kartäuser und Prämonstratenser im Vordergrund stand. Die Vervollkommnung des benediktinischen Mönchtums mag den Zisterziensern vortrefflich gelungen sein. In ihrer Strenge und rationellen Ausprägung zielten sie manchmal jedoch über das Ziel Benedikt hinaus.

Zitat

"Die Benediktsregel enthielt wichtige Hinweise für die klösterliche Askese. Allerdings hat es den Anschein, als würde in Cîteaux der von Benedikt gefundene Kompromiß nihil asprum, nihil grave (Nichts Hartes, nichts Schweres; Prol.) zugunsten größerer Strenge zur Seite geschoben und jedes kluge Abwägen von Für und Wider, das als Grundmotiv der Regel anzusehen ist und von Benedikt discretio, mater virtutum (Zurückhaltung die Mutter der Tugenden; Kap. 64) genannt wird, abgeschwächt; der Orden hielt nicht nur die Vorschriften der Benediktsregel streng ein, sondern ging nach dem Vorbild der altchristlichen und mittelalterlichen Einsiedler darüber hinaus."

Jürgen Südow in Die Zisterzienser, Belser Stuttgart 1989, 2. Aufl. 1991, S. 55)

Die Strenge kennzeichnet das Leben der Zisterzienser in allen Bereichen. Sie galt für das Leben ebenso wie für die Arbeit, für das Gebet genauso wie für die Architektur. Die harten Anfänge in den Sümpfen von Cîteaux wurden weiter getragen in die rationale Ordnung des Klosters, das ihr Orden zur Vervollkommnung führen wollte. Hunger und Kälte, körperliche Anstrengung und wenig Schlaf begleiteten die Brüder auf ihrem Weg und fanden nur bei Krankheit eine vorübergehende Lockerung der Regel.

 

Wohnen

Die Grundbedingungen für das Leben im Kloster waren äußerst hart. Alle Räume des Klosters waren bis auf die Wärmstube (calefactorium) und die Küche unbeheizt. Die großzügigen Räume waren nach den Gewohnheiten des Ordens alle aus Stein. Im Süden noch erträglich, musste dies in nördlichen Breiten eine Herausforderung an die Gesundheit der Brüder bedeutet haben. Allein nach der Arbeit durften die Brüder das Calefactorium betreten. Nur wer als Schreiber, bei Haushalts- oder Küchenarbeit tätig war durfte die Räume öfters betreten.

 

Schweigen

In der ganzen Klausur wird geschwiegen. Nichts soll die Andacht der Mönche stören. Schon die geschlossene Anordnung der Räume um den Kreuzgang vermeidet jede Störung durch Geräusche. Gesprochen werden darf nur im Parlatorium. Ansonsten verständigen sich die Brüder mit Zeichen.

 

Essen

Gegessen wird im Winter nur einmal, im Sommer zweimal am Tag. Das Essen ist fett- und nahezu fleischlos. Bevorzugt werden einfache Gemüsegerichte, Brei und Hülsenfrüchte und Obst. An Fleisch darf nur Geflügel und Fisch gespeist werden. Jeder Mönch erhält täglich ein Pfund Schwarzbrot und einen halben Schoppen Wein (0,27 Liter), der mit Wasser vermischt getrunken wird.
Am Mittwoch und Freitag wird jede Woche bis zur Non gefastet (Halbfasten). Von Aschermittwoch bis Ostern wird ganz gefastet, das heißt das karge Essen wird bis in die Abenddämmerung hinausgeschoben (Vollfasten).

 

Schlafen

Die Brüder schlafen gemeinsam im großen Dormitorium im Obergeschoss. Sie schlafen voll angekleidet, umgürtet und beschuht auf Strohsäcken (dass sie bereit sind zur Wiederkunft des Herrn). Die ganze Nacht brennt ein Licht. Sie schlafen in Gruppen zu zwölf Brüdern, immer ein älterer Bruder unter den jüngeren, mitten unter allen der Prior. Die Nachtruhe wird bestimmt durch die jahreszeitliche Tageslänge. Im Winter kann sie bis zu 9 Stunden dauern, im Sommer sinkt sie bis auf 4 ein halb Stunden herab, weshalb im Sommer mehr Mahlzeiten und auch eine Mittagsruhe eingelegt wird. Die Nachtruhe endet in der achten Stunde der Nacht (im Sommer gegen 1 Uhr, im Winter um ca. 2.30 Uhr) mit dem Wecken zur Vigil, dem Nachtgebet.

 

Waschen

Die Brüder waschen sich vor dem Essen im Speisesaal die Hände im Brunnenhaus. Hier waschen sie sich auch am Morgen den Kopf und den Körper und an jedem Samstag die Füße. Sieben Mal im Jahr wird den Mönchen hier die Tonsur geschnitten und geschieht die Rasur (Später öfter)

 

Zitat

"Diese harte Askese wurde dennoch nicht um ihrer selbst eingehalten, auch wenn der moderne Mensch das kaum nachvollziehen kann. Sie sollte dem Mönch von jeder Bindung an das Irdische völlig befreien und ihn allein offen für Gott machen. Die frühen Zisterzienser sind daher, wie uns ihre Schriften zeigen, keinne mürrischen oder verbitterten Menschen gewesen, sondern sensibel für die Schönheit einer tief empfundenen Gottesliebe und voller Freude."

Jürgen Sydow in Die Zisterzienser aaO. S. 55