Das lichte Tal

Das Paradies auf Erden liegt in der Wüste! Da der Mensch alles in seinem irdischen Leben zurücklassen muss und nichts davon in das himmlische Leben mitnehmen kann, suchen die Mönche die Wüste als den Ort, an dem sie ledig aller irdischen Versuchungen dem Göttlichen näher sind. Schon die Wüstenväter, die ersten christlichen Mönche (Antonius), zogen wie Jesus in die Einsamkeit, um dort im Fasten und Beten Gott näher zu kommen. Dem Vorbild der Eremiten folgend, suchten auch die Zisterzienser die Einsamkeit. Fern ab von den großen Städten und Straßen der Zeit ließen sie sich in Sümpfen, Einöden oder engen Waldtälern nieder. Der Verweltlichung des Mönchtums wollten sie wie auch andere neue Bewegungen ihrer Zeit (z.B. Bruno und die Kartäuser) entgehen, in dem sie sich ganz aus der Welt zurückzogen.

 

Im Gegensatz zu den Klöstern der Benediktiner vor ihnen, die gerne auf einem Berg sichtbar über der Welt lagen (Monte Cassino, Comburg, Mont St. Michel) bevorzugten die Zisterzienser ein enges Tal, in dem die Abtei, versteckt zwischen Bäumen und den sie beschützenden Hängen auch heute noch kaum sichtbar ist und fernab aller Straßen liegt. Oft suchte man wochenlang nach einem geeigneten Ort. Viele Gründungslegenden erzählen von der wundersamen Führung der Mönche. Wasser spielt dabei eine große Rolle. Dem Lauf eines Baches folgend, meist eines Nebenflusses eines größeren Flusses, zog man das Tal hinauf bis zu seiner engsten Stelle, dort wo sich das Tal nach Osten hin schließt. Oft war die Stelle zu eng und musste später ein wenig weiter nach Westen hin verlegt werden. Die Lage war entscheidend für die Wahl des Ortes. Das Kloster musste sich ideal in die Landschaft einpassen, Felder und Gärten um das Gebäude herum seinen Platz finden, Teiche mussten angelegt werden, Wasser dem Kloster zugeführt werden. Eine ganze Welt für sich entstand aus eigener Kraft. Alles was man brauchte, erledigte man aus eigener Kraft. Manch ein Kloster zerbrach fast daran.

 

Und dennoch war das Kloster ein gelobtes Land. Die Namen, die die Zisterzienser ihren Gründungen gaben zeugen von ihrem Selbstverständnis:

  • es war der Ort an dem die Welt getrost sterben konnte (Morimond, Morimondo)
  • ein Ort der Beständigkeit (La Ferté = lat. fermitas)
  • es war das gelobte, lichte Tal (Clairvaux, Bellevaux, Schöntal, Schönau, Chiaravalle, Zwettl = slavisch lichtes Tal)
  • es war eine Quelle des Heils (Fontenay, Fountains, Heilsbronn, Bronnbach, Maulbronn, Mellifont = Honigquelle)
  • es war eine Gnade Gottes (Gnadental, Grace Dieu, ), oder ein Ort Gottes (Loccum, Lögumkloster)
  • es war das Paradies selbst (Pairis, Himmelspfort, Himmelskron),
  • das himmlische Jerusalem (Salem),
  • oder ein Ort der Gottesmutter (Marienstatt).

 

Viele Klosternamen übernahmen zwar Ortsnamen (Bebenhausen, Altenburg), manche lehten ihre Bedeutung aber direkt daran an (Salem = Salmanweiler). Bis heute spricht der Reiz der Lage immer noch für den gewählten Ort, der zum Ort des Heils werden sollte.